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Wie wird man Freelancer:in?

interview mit freelancer

Um als Freelancer:in tätig werden zu können sind ein paar Schritte notwendig. Wie der Weg aussehen kann und was dabei zu beachten ist, hat uns Patrick erzählt. Patrick hat diesen Schritt im Sommer 2022 gemacht.

Welche Faktoren waren für dich ausschlaggebend, um als Freelancer tätig zu werden?

Wenn ich behaupten würde, der monetäre Aspekt der Selbstständigkeit wäre kein Grund für meine Entscheidung gewesen, würde ich lügen. Als Freelancer hat man die Möglichkeit mehr Geld zu verdienen als in einem Angestelltenverhältnis. Außerdem wollte ich gerne wieder etwas Neues versuchen und mein eigener Chef sein, frei nach meinem Motto – Das schönste im Leben ist die Veränderung! Natürlich muss der Zeitpunkt bei einem neuen Vorhaben auch passen und dieser war in meinem Fall ideal. Ich hatte keine finanziellen Verpflichtungen (wie zum Beispiel einen Kredit) und ein finanzielles Polster, sollte mein Vorhaben nicht erfolgreich werden.

Wie bist du das Thema Selbstständigkeit angegangen?

Im ersten Schritt war es notwendig, die Anstellung bei meinem damaligen Dienstgeber zu kündigen. Mir war es wichtig, dass dies offen, transparent und auf Augenhöhe geschieht. Wie sich herausgestellt hat, war das auch die richtige Vorgehensweise. Mein damaliger Dienstgeber hat dies sehr wertgeschätzt und zusammen konnten wir uns auf einen guten Rahmen einigen, mit dem beide Parteien zufrieden waren. Die IT in Österreich ist ja bekanntermaßen ein Dorf, umso wichtiger ist es, dass man im Guten auseinander geht und wer weiß, vielleicht entsteht zukünftig auch noch eine Form der weiteren Zusammenarbeit. 

Als nächstes kam die Phase der Gründungsvorbereitung. Hierzu habe ich an einem Programm des AMS teilgenommen, dem Unternehmensgründerprogramm (kurz UGP). Das Programm hat das Ziel, potenzielle Neugründer:innen zu unterstützen und entsprechende Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Zusammen mit einem/einer BetreuerIn des UGP wird ein Businessplan als auch eine Finanzkalkulation erarbeitet, an der man sich zukünftig orientieren kann. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, an Workshops teilzunehmen, wie zum Beispiel Rechnungswesen oder Datenschutz. Während der Teilnahme am UGP bis zur offiziellen Gründung bekommt man Arbeitslosengeld und die entsprechende Zeit um sich vorzubereiten.

Auf welche Risiken sollte man achten?

Wie es schon das Wort “Selbstständigkeit” impliziert, ist man auf sich selbst gestellt. Das bedeutet, man muss sich mit Themen beschäftigen, mit denen man in einem Angestelltenverhältnis nicht oder nur wenig in Berührung kommt. Beginnend bei wirtschaftlichen Aspekten, wie Steuern und Einnahmen-Ausgaben-Rechnung/Pauschalierung, Krankenversicherung, Verträge bis hin zu Themen wie Haftung und einer möglichen Betriebsunterbrechung. Für die letzten zwei Punkte habe ich spezielle Versicherungen bei der Wirtschaftskammer abgeschlossen. Der Fachverband Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT) bietet hierfür eine Berufshaftpflichtversicherung und eine Betriebsunterbrechungsversicherung an, welche auf Jahresbasis abgeschlossen werden können. Finanzielle Aspekte spielen ebenfalls eine große Rolle. Wird genügend Umsatz generiert, um mögliche Projekt-Pausen gut überbrücken zu können? Sind höhere Investitionen für mein Vorhaben notwendig?

Ein weiteres Risiko ist die Scheinselbstständigkeit. Gerade in der IT haben Projekte oft eine längere Laufzeit und oftmals handelt es sich um Vollzeit-Projekte. Bei einer möglichen Prüfung durch das Finanzamt könnte es, sofern eine Scheinselbstständigkeit festgestellt wird, zur Nachzahlung von Arbeitgeberanteilen kommen. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, macht es Sinn, nicht den Großteil des Umsatzes innerhalb eines Geschäftsjahres nur durch einen Kunden zu generieren, sofern dies durch die aktuelle Projektsituation möglich ist. Eine weitere Maßnahme ist ein entsprechender Außenauftritt durch eine eigene Website.

Wie hast du den gesamten Prozess erlebt?

Bei mir lief alles sehr linear und nach meinem Zeitplan ab. Ich hatte das Glück, einige andere Freelancer zu kennen, die mir mit Rat und Tat zur Seite standen. Während des Gründungsvorganges beim UGP hatte ich eine wertvolle Begleitung und konnte diverse Wissenslücken durch den Besuch von Workshops schließen. Bei wirtschaftlichen Themen unterstützt mich meine Lebensgefährtin. Mein erstes Projekt konnte ich durch einen ehemaligen Arbeitgeber akquirieren. Wie du siehst, hat mir mein berufliches und privates Netzwerk enorm geholfen und hilft mir weiterhin und dafür bin ich sehr dankbar.

Im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden, auch wenn manchmal, wie es bei einem neuen Vorhaben üblich ist, Zweifel aufkamen. 

Welche Vorteile überwiegen für dich gegenüber einer Fixanstellung?

Mir gefällt, dass gewisse Konstrukte für einen Selbstständigen nicht gelten, wie sie es für einen Angestellten tun. Beginnend bei Arbeitnehmerschutzgesetzen bis hin zu einer definierten Anzahl an zu leistenden Wochenstunden und Urlaubstagen pro Jahr. Im Allgemeinen empfinde ich die Selbstständigkeit flexibler, der Kunde und die Projektsituation stehen im Vordergrund und an dieser gilt es sich zu orientieren.  Du Neben höheren Verdienstmöglichkeiten empfinde ich die Möglichkeit, sich selbst strategisch auszurichten, als weiteren Vorteil. Projekte können, sofern die aktuelle Projektsituation es zulässt, bewusst angenommen oder abgelehnt werden. 

 

Lieber Patrick, vielen Dank für das Gespräch.

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